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BELLEBEN, HAUS-ZEITZ & PIESDORF
bewachsener (Stein)-Haufen - Ruine der ehemaligen Kirche

steinerne Überreste (Funktion Bild 2 und 3 unbekannt)

Blick über Lodderstedt und die Teiche

Findling in der Nähe des Bachlaufes

Lodderstedt

Name Lodderstedt ist den meisten Ortsansässigen geläufig – auch, dass es sich hierbei um ein früheres Dorf handelt. Lodderstedt liegt ca. 3 km südöstlich in bzw. an einem kleinen Tal, durch das früher ein Bach floss. Dass auch diese Gegend weit vor der Zeit unserer und der umliegenden Ortschaften besiedelt war, bezeugen mehrere Skelett- und Urnenfunde aus unterschiedlichsten Zeitepochen vorchristlicher Zeit1:

  • Nördlich der Kirchruine fand ein Ackerbesitzer ein kauerndes Gerippe, welches mit dem rechten Arme eine Urne umschlungen hielt und mit dem Rücken nach Morgen zugekehrt war.
  • Ein anderer fand am Nordrande des Lodderstedter Angers in Steinkisten mehrere Urnen mit verkohlten Knochen.
  • Derselbe fand 1855 im Lehm eine Anzahl schwarze Streifen. Bei den Untersuchungen stellten sich diese als genau und sorgfältig in Form des menschlichen Körpers ausgearbeitete Vertiefungen heraus, in deren jeder ein menschliches Gerippe lag.
  • 1856 fand ein Ackerbesitzer bei Einebnung eines Hohlweges 16 bis 18 Leichen in einer Reihe, die Köpfe nach West, die Füße nach Ost gekehrt, in regelmäßiger Entfernung … in Gräbern, die nach der Form des menschlichen Körpers im Lehm ausgestochen waren.

Von einer sehr weit vor unserer Zeit liegenden Besiedlung des Gebietes zeugt auch die 2010 im Zuge der Ausgrabungen zu Kreisgrabenanlage Belleben I entdeckte und bis heute unausgegrabene Kreisgrabenanlage Lodderstedt2. Das gesamte Areal ist im Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt als Bodendenkmal aufgeführt.

Der Ortsname mit der Endung „-stedt“ lässt auf eine Gründung durch Angeln und Warnen schließen3. Erste Ortsnamen mit der Endung „-stedt“ lassen sich in ihrer Entstehung im thüringischen Raum bereits bis ins 4./5. Jahrhundert zurückdatieren und hatten ihre Blütezeit in der Zeit des ausgehenden Thüringerreiches (bis 531) und in der Merowingerzeit und erlosch weitestgehend im 10. Jahrhundert – die Endung „-stedt“ bedeutet „Stätte, Stelle, Platz“ 4. In der Geschichte taucht der Name Lodderstedt in unterschiedlichsten Varianten (Lotirstete, Loterstete, Lodderstede u.a.) auf. „Lotir“ war unter anderem die jüdische Bezeichnung des 843 aus der Teilung des karolingischen Reichs in Verdun hervorgegangenen kurzlebigen Mittelreichs Lothars I. (Lothringen)5. Durch den Namen Lotir = Lothar lässt sich Lodderstedt als „Platz des Lothars“ übersetzen.

Heute ist Lodderstedt vor allem noch als Familienname bekannt. Erstmalig taucht ein milites (Ritter) Heinricus (Heinrich) de Loderstede im Jahr 1284 sowie in den folgenden Jahren bis 1287 als Zeuge in einer Urkunde der Grafen von Anhalt auf6. Ab 1297 taucht dann sein Sohn Johannes auf, beide werden hier als Eigentümer eines Weidichts zwischen Hettstedt und Wiederstedt genannt7. Aus einer verschollenen Urkunde aus dem Jahr 1344 geht als Beruf des Heinrichs „Richter“ hervor8. 1345 wird Heinrich als „magister“ bezeichnet9 was einem Richter nahekommen würde – im Mittelalter war dies unter anderem die Bezeichnung für einen dem „advocatus“ rechtlich gleichgestellten, der die Hörigen in der Landwirtschaft im Auftrag des Grundherrn vor Gericht vertrat10. Ca. Mitte des 14. Jahrhunderts verschwinden die Namen Heinrich und Johannes von Loderstedt. In den Lehnbüchern der Erzbischöfe Albrecht III. und Peter (Ende 14. Jh.) tauchen dann ein Nicolaus und Claus Loderstede (in unterscheidlichen Schreibweisen) und ohne Adelstitel „de“ als Vasallen (Lehnsmänner) auf11. Claus Lodderstedt taucht dann noch einmal in Urkunden 1377 zusammen mit seiner Mutter Herte (sein Vater wird erwähnt, allerdings nicht namentlich) in der beurkundet wird, dass er den Zehnten zu Obergerbstedt an das Kloster Gerbstedt zurückgibt12, sowie 1394 (auch unter Erwähnung seiner Eltern) auf (Verkauf eines Hofes)13. Ein weiterer Claus taucht dann im Lehnbuch des Erzbischofs Albrecht IV. (Anfang bis Mitte 16. Jh., mit Besitzungen und daraus resultierenden Einnahmen in Wiederstedt, Polleben, Rothewelle und Gerbstedt) auf14.

Erstmalig als Ort wird Lodderstedt 1296 erwähnt – Richard von Alsleben, erzbischöflicher Truchsess (im Mittelalter Vorsteher der Hofverwaltung) zu Magdeburg, entsagt hier allen Rechten an 10 Hufen beim Dorf Loderstede15 welche 1303 der Äbtissin zu Quedlinburg zugunsten ihres Neffen Volrad von Arnstein aufgelassen werden16. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der Ort schon länger vor dieser Zeit existierte, da der Name „von Lodderstedt“ bereits 12 Jahre zeitiger auftauchte (siehe FN 5).

Dass Lodderstedt einmal nicht ganz unbedeutend gewesen sein muss, geht aus einer Urkunde aus 1304 hervor, in der der Stift Quedlinburg dem deutschen Orden die Vogtei über unter anderem 9 Hufen in „Loderstede“ bestätigt. Aus den jährlichen Einnahmen sollte der Orden 3 „fertones“ (Viertelpfennige – Rechengröße des Sachsenpfennigs) an den meist in Lodderstedt residierenden Prokurator von Münzenberg zahlen17. Der Prokurator war niemand geringeres, als der Verwalter des 986 durch die Äbtissin des Reichsstift Quedlinburg auf dem Münzenberg bei Quedlinburg gegründeten Benediktinerinnen-Klosters. Durch die genannten Urkunden wird deutlich, dass das Stift Quedlinburg sowie der Deutschorden in (und um) Lodderstedt zu dieser Zeit reich begütert waren.

Wann genau der Ort Lodderstedt eingegangen ist, ist nicht bezeugt, 1400 wird er in 2 Urkunden zusammen mit Dresewitz, Klein-Wiederstedt und Rothewelle bereits als wüst beschrieben18. Heute ist davon nichts mehr bez. nicht mehr viel übrig, außer den großen Teichen, einem Hügel oberhalb der Teiche, welcher aus den überwachsenen Überresten der ehemaligen Kirche besteht und einigen Steinen und Steinansammlungen, die auf ehemalige Bebauung schließen lassen. Zumindest die Kirchturmruine soll bis ins 16. Jh. hinein gestanden haben. Nahe bei den Teichen am Bachlauf unterhalb der Kirchruine (bzw. der Überreste davon) liegt ein großer Findling, dessen Bedeutung ungeklärt ist.

 

TS - Bilder privat


1 Mitteldeutsche Vorgeschichte, S. 170

2 https://www.monument.ufg.uni-kiel.de/projekte/mitteldeutsche-kreisgrabenanlagen/laufende-arbeiten/

3 Kunstdenkmäler, XIV

4 Hassegau, S. 149

5 EJKG 1, S. 160

6 CDA 2, Nr. 577, 594, 610, 612

7 UKB Mansfeld, S. 569

8 nur online unter: http://www.lostart.de/DE/Verlust/303086%20/ Sächsisches Staatsarchiv, 10001 Ältere Urkunden, Nr. 03004

9 CDA 3, Nr. 787

10 https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Magister

11 Lehnbücher MD, S. 67 und 74

12 UKB Mansfeld, S. 47

13 Mansfelder Blätter 5, S. 21

14 Lehnbücher MD, S. 231 und 247

15 Jacobs, UKB Deutschorden, Nr. 46

16 Jacobs, UKB Deutschorden, Nr. 48

17 Jacobs, UKB Deutschorden, Nr. 52

18 CDA 5, Nr 320 und 321


Literaturverzeichnis: